RE: [LEXIKON] - KINDER & ERZIEHUNG || KINDERERZIEHUNG --- 25.01.2021, 11:15
KINDERERZIEHUNG IM AMERIKA DES 19. JAHRHUNDERTS
Die Erziehung der Kinder im 19. Jahrhunderte hatte eines gemeinsam, sowohl in den reichen Gegenden Amerikas wie in den Siedlergegenden im Westen: Eltern erwarteten von ihren Kindern kleine Erwachsene zu sein, die ihre Eltern respektierten und deren Wort als Gesetz betrachteten. Gehorsam gegenüber den Eltern war ein ungeschriebenes Gesetz.
In den Städten wurde von den Kindern erwartete, dass sie in einem sehr jungen Alter bereits zwischen richtig und falsch unterscheiden konnten. Falsches Benehmen wurde nicht geduldet und den Kindern wurde beigebracht sich nett, leise und wohlerzogen zu verhalten. Ein Kind hatte man zu sehen, aber nicht zu hören.
In ländlichen Gegenden und gerade im Westen wurde von den Kindern nicht viel erwartet, außer dass sie mit anpackten und so das Überleben sicherten. Es gab so vieles zu tun, Land zu bestellen, Häuser zu bauen, die Ernte, Tiere zu versorgen… Es ging nur, wenn wirklich jeder mithalf, jung und alt.
Eltern erwarteten auch in den neuen Ländern Amerikas von ihren Kindern wie kleine, verantwortungsvolle Erwachsene zu handeln. Es wurde erwartete, dass die Kinder erheblich zum Erfolg der Eltern beitrugen und “jung sein” war keine Entschuldigung für Faulheit. Kindern wurde nämlich beigebracht, dass Faulheit eine der schlimmsten Sünden sei, die es gebe und sie konnten schwer bestraft werden, falls sie dieser Faulheit nachgaben oder sich über ihre Arbeit beschwerten. Viele Kinder fühlten sich nur wegen der Menge ihrer Arbeit, die sie täglich schafften, geliebt.
Schulische Erziehung sahen viele Eltern zu Beginn des Jahrhunderts als nicht so wichtig an, gerade auf dem Land. Erst um 1850 machte sich neues Denken breit und man legte bis zum Ende des Jahrhunderts viel Wert auf die Schule. Eltern schickten ihre Kinder wegen einer besseren Zukunft dorthin und erwarteten auch in der Schule all die Dinge, die sie zu Hause erwarteten - Fleiß, Erfolg, Gehorsam. Wie wichtig es die Eltern im späteren 19. Jahrhundert nahmen sah man daran, dass die meisten Kinder zu Hause für Vergehen in der Schule noch einmal bestraft wurden.
Erst gegen Ende des Jahrhunderts veränderte sich die Einstellung der Erwachsenen gegenüber Kindererziehung. Man ließ Kindern doch ein wenig mehr Freiraum, um einfach Kind zu sein. Zwar erwartete man nach wie vor von ihnen folgsam zu sein und Gehorsam an den Tag zu legen, aber man sah Kinder immer mehr als Geschenk Gottes an. Man tolerierte das Verhalten von Kindern als eine eigene Entwicklungsstufe und ging auf die Bedürfnisse der Kinder ein. So entstanden erste, frühere Formen des Hochstuhls, eigene Kindermode und kindgerechtes Spielzeug. Doch versäumte man auch weiterhin nicht die Eltern dazu zu ermahnen, dass man rechtschaffene Menschen aus seinen Kindern zu formen hätte, die zu wertvollen Bürgern des Landes werden sollten. So hielt man von Kindern all jene Dinge fern, von denen man glaubte, dass sie den "reinen" Geist eines Kindes vergiften konnten, wie z.B. Sex, Glücksspiel... und hielt mit Strenge ein wachendes Auge auf den Wertegang der Sprösslinge.
ERZIEHUNG im 19. JAHRHUNDERT IM ÜBERBLICK
- Erziehung zu Gehorsam, Unterordnung, Ordnungsliebe und Fleiß
- stark geschlechtsspezifische Erziehung; je nach Klasse unterschiedlich
- große Rolle der religiösen Erziehung
- autoritärer Erziehungsstil; wenig Rechte der Kinder; große Strenge; Körperstrafen üblich
- Eltern als Vorbilder; fühlen sich in ihrer Erzieherrolle sicher (eindeutige Ziele und Leitbilder): oft Verwandte als Miterzieher
- frühe Selbständigkeit von Kindern
- in Bürgerfamilien Betonung humanistischer Bildung, von Literatur, Kunst und Musik, von höflichen Umgangsformen und angenehmen Manieren
- in bürgerlicher Familie für Söhne Besuch der höheren Schulen, für Mädchen evtl. Besuch einer höheren Töchterschule (Einübung in die Haushaltsführung)
- nur Bürgerfamilie ist Kind orientiert. Aber große Distanz zwischen Eltern und Kindern
- in Arbeiter- und Bauernfamilien wenig Zeit für Erziehung; der Schulbildung wird hier wenig Bedeutung beigemessen
- in Arbeiterschaft Erziehung oft durch ältere Geschwister oder Dritte; häufig Vernachlässigung der Kinder; Kinderarbeit
- in Bauernfamilien frühe Einbindung der Kinder in die Hofarbeit; Lernen durch Nachahmung und Mitarbeit; sehr strenge Erziehung
- Kinder in Bauernfamilien stark in das Erwachsenenleben und die dörfliche Gemeinschaft eingebunden