Einen anderen Einblick in das Leben von Frauen, Männern und Familien im Westen gibt uns die recht interessante Gesichte der sogenannten “Mercer Girls”. Nicht nur in Kalifornien gab es einen Mangel an Frauen und einen Überschuss an jungen Männern. Das Problem hatten viele neue Länder im Westen.
Daher zogen 11 junge Frauen unter der Führung von Asa Shinn Mercer (1839-1917) am 16. Mai 1864 von Lowell, Massachusetts los, um im Staat Washington Fuß zu fassen. Eine zweite Gruppe „Mercer Girls” folgte am 28. Mai 1866. Die Frauen sollten im Westen als Lehrerinnen arbeiten und dabei helfen die Zahl der heiratswilligen Frauen im Territorium ansteigen zu lassen, das hauptsächlich von jungen Männern bevölkert wurde. Die Geschichte dieser Frauen begann an einem März im Jahre 1864 mit einer Rede von Asa Mercer. Mercer, gerade mal 25 Jahre jung und zum neuen Präsidenten der Universität von Washington in Seattle gewählt, stand in Lowell, Massachusetts in der Unitarian Kirche am Podium und erzählte von Seattle, in Washington, wie schnell die Stadt wuchs, es ihnen aber an ausgebildeten Frauen fehlen würde. An Frauen mit Anstand und Sitte, die als Lehrerinnen einem Beruf nachgehen könnten. Jeder Frau, die bereit gewesen wäre mit ihm zu gehen, versprach Mercer ehrbare Arbeit in Schulen und einen guten Gehalt.
Die Bevölkerung von Seattle hatte sich seit dem Eintreffen der ersten Familien 1851 verdoppelt und die Universität hatte 1861 erst ihre Tore geöffnet. Mercer erklärte den Zuhörern, dass ihre Gemeinde wuchs und das es mehr Kinder im Schulalter gebe, als Lehrer vorhanden wären.
Asa Mercer lud die Frauen ein, mit ihm in den Westen zu gehen, wo Arbeit und Männer auf sie warten würden. Viele Frauen begrüßten Mercers Idee. Denn der Bürgerkrieg hatte auch vielen Männern in New England das Leben gekostet und die Aussicht auf Arbeit war auch nicht rosig. Lowell war zwar das Zentrum der Textilindustrie, aber da die Lieferungen an Baumwolle aus dem Süden ausblieben, mussten fiele Fabriken schließen. Und die Aussicht auf einen Ehemann für Frauen im heiratsfähigen Alter sah schlecht aus.
Die Kosten für die Reise jedoch waren nicht unerheblich - $250. Die Route schloss eine Reise mit dem Zug nach New York City ein, von wo aus es mit einem Schiff Richtung Aspinwall, Panama gehen sollte. Von da aus würde die Reise weiter gehen wieder per Zug nach Panama City und wieder mit einem Schiff weiter nach San Francisco und Seattle. Die Bürger von Seattle würden sie alle mit Spannung erwarten und sie gerne bei sich zu Hause willkommen heißen, bis sie für alle Arbeit in den unterschiedlichen Schulen gefunden hätten.
Nur eine sehr kleine Gruppe war in der Lage die Reisekosten aufzubringen. Und an einem kalten, stürmischen Nachmittag im März, 1864, zog eine kleine Gruppe von 8 Frauen und einem Mann unter der Führung von Asa S. Mercer los, um in den Zug zu steigen, der sie nach N.Y. bringen sollte, wo das Dampfschiff Illinois auf sie wartete.
Es sind sogar die Namen der Pionier-Ladies bekannt:
- · Antoinett Josephine Baker, age 25
· Sarah Cheney, age 22
· Aurelia Coffin, age 20
· Sara Jane Gallager, age 19
· Ann Murphy, age unknown
· Elizabeth (Lizzie) Ordway, the oldest at age 35
· Georgianna (Georgia) Pearson, age 15
· Jospephine (Josie) Pearson, age 19
· Daniel Pearson, age 46
Daniel Pearson war zwar ein Mann, aber er wollte die Reise mitmachen, weil er seit Jahren krank war und sich von einem Klimawechsel Heilung versprach. Deswegen begleitete er seine Töchter Josie und Georgia auf diesem Abenteuer. Pearson ließ dabei seine Frau Susan, Sohn Daniel und die jüngste Tochter Flora in Lowell zurück. Die Familie folgte dem Rest jedoch zwei Jahre später mit Mercers zweiter Expedition (Januar - April 1866).
Auf ihrer Reise stießen noch drei Personen dazu:
- · Katherine Stickney, age 28
· Catherine Stevens, age 21
· Rodolphus Stevens, age 45
Zusätzlich stieß noch Annie May Adams, 16, dazu, die sich auf dem Dampfschiff um entschied, und änderte ihre Reisepläne, um mit Mercer nach Seattle zu gehen.
Die Reise war natürlich nicht immer leicht und sie stießen auf die eine oder andere Schwierigkeiten, wie ausgefallene Schiffe, Verspätungen, Alternativrouten, aber letztendlich kam die Gruppe vollständig am 16. Mai 1864 in Seattle an.
Mercer organisierte eine zweite Expedition und versprach dieses Mal 700 Frauen mitzubringen. Aber enorme Probleme, sowohl finanzielle als auch anderer Natur, brachten ihm weitaus weniger Passagiere nach Seattle ein, als gehofft.
Bei einem Stop in San Francisco blieben 36 Reisende von 100 zurück. Darunter 13 Frauen. Die Gruppe zog weiter, mit 34 unverheirateten Frauen für Seattle. Mit dabei auch die Familie der Pearsons.
Alle junge Frauen aus beiden Expedition wurden freudig umjubelt in Seattle begrüßt, sie wurden wie versprochen Lehrerinnen, heirateten auch, wurden Mütter und später Großmütter. Und legten somit den Grundstein für den Wachstum von Seattle...